Die Revolution ist geglückt

(Kavai im Gespräch mit Schwabe; Foto: Frankfurter Neue Presse)

Das hätte ihm manch einer nicht zugetraut: André Kavai, Vorsitzender der SPD Main-Kinzig, hat seine Partei revolutioniert, das traditionelle Delegiertenprinzip abgeschafft. Jedes Mitglied darf jetzt mitbestimmen. "Das war ein richtiger Schritt", bilanziert der Erste Kreisbeigeordnete im FNP-Gespräch. Doch es soll nicht der letzte gewesen sein.

Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass André Kavai in der FNP seine Pläne ausbreitete, die SPD Main-Kinzig zur Basisdemokratie zu führen. "Ich will der zweite Unterbezirk in Deutschland sein, in dem es keine Delegierten mehr gibt", sagte der 35-Jährige und ging so weit, die Entscheidung darüber auch zu einer Entscheidung über seine Person zu machen.

Er hat ein wenig gepokert, und er hat gewonnen: "Es hat sich wirklich gelohnt", sagt Kavai beim erneuten Gespräch in der Bad Vilbeler Redaktion der Frankfurter Neuen Presse über seine Partei-Revolution. Er verweist auf den Parteitag vom Juni, zu dem 230 Mitglieder kamen, rund 100 mehr als üblich (die FNP berichtete). "Da habe ich Leute gesehen, die ich schon lange nicht mehr oder noch nie gesehen habe." Viele jüngere Menschen und viele Mitglieder jenseits der 60 beteiligten sich, schrieben Anträge, sagt der SPD-Chef.

Er ist überzeugt, dass sich die neue Basisdemokratie auch bei der Listenaufstellung für die Bundes- und Landtagswahl im nächsten Jahr auszahlen wird: "Wir werden wieder intensivere Diskussionen führen, die Reform war ein Impuls, der die Partei belebt hat."

93,8 Prozent Zustimmung

Das Wahlergebnis, das Kavai beim Parteitag erzielt hat, stärkt seinen Kurs: 93,8 Prozent der Mitglieder stimmten dafür, dass der Erlenseer erneut ihr Vorsitzender wird – ein um einen Prozentpunkt besseres Ergebnis als bei seiner vorangegangenen Wahl zum Unterbezirks-Vorsitzenden in Main-Kinzig vor zwei Jahren. Damit habe er nicht gerechnet, sagt Kavai. Andererseits: "Wer nur den Konsens will, wird niemals etwas erreichen. Bewegung gibt es nur durch Diskurs."

Die Zustimmung der Mitglieder gibt dem Ersten Kreisbeigeordneten auch Rückenwind für seine weiteren Pläne. Die Abschaffung des Delegiertenprinzips sei "nur der Anfang" gewesen, betont er. Die deutschen Parteien müssten sich, um in der Lebenswirklichkeit der Menschen anzukommen, "tiefgreifend reformieren".

Als Beispiel nennt Kavai die junge Mutter, die sich beschwerte, es sei ihr unmöglich, um 18.30 Uhr zu einer Gremiensitzung zu erscheinen. Die Familie, der Beruf – da bleibe eben wenig Zeit für herkömmliche Parteistrukturen.

Dabei wolle er genau jene Menschen, die mitten im Leben stehen, voll in Familie und Beruf eingebunden seien, in die Partei holen und zum Mitmachen bewegen. "Beteiligung könnte über das Internet stattfinden, über Projektarbeit, vielleicht auch von Zuhause aus", schlägt der SPD-Vorsitzende vor. Für diese Richtung spreche unter anderem, dass die Facebook-Gruppe der SPD Main-Kinzig "stark frequentiert" sei. Bis zum Bundestags-Wahlkampf will André Kavai neue Ideen sammeln und die ersten umgesetzt haben.

Zu ungeduldig für Berlin

Als Bundestags-Kandidat für seine Partei ins Rennen gehen wolle er aber nicht, beteuert Kavai: "Ein klares Nein" antworte er auf diese Frage, die ihm häufiger gestellt werde. Denn: "Die Kommunalpolitik ist für mich die Königsdisziplin, hier kann man etwas gestalten, auch wenn die Rahmenbedingungen schwieriger werden."

Er glaube zudem nicht, einen guten Parlamentarier abzugeben, meint der 35-Jährige. "Ich wäre wohl nicht geduldig genug". Geduldig genug, um sich hinten anzustellen, sich einzureihen, zunächst einmal in der hinteren Reihe zu sitzen: "Die Mechanismen in Berlin sind relativ gnadenlos." Zumal der Wahlkreis 180 Hanau, zu dem auch Niederdorfelden, Schöneck und Nidderau gehören, mit Sascha Raabe einen guten Mann am Start habe, schiebt Kavai hinterher.

Wer im Wahlkreis 175 antritt, der neben 15 Main-Kinzig-Kommunen auch die östlichen Wetterau-Kommunen und Schotten (Vogelsberg) umfasst, wird sich laut Kavai nächste Woche entscheiden: Die SPD Main-Kinzig habe das Vorschlagsrecht für einen Kandidaten und wolle diesen in einigen Tagen präsentieren.

Interessanter ist für Kavai die nächste Landrats-Wahl in fünf Jahren. "Ich sehe keine Notwendigkeit, mich jetzt schon mit dieser Frage zu beschäftigen", meint er zwar. Aber er räumt auch ein, dass ihn zahlreiche Leute fragten, ob er Landrat werden wolle: "Diese Frage freut mich, man traut es mir zu, das ist doch ein Kompliment."

Quelle: Frankfurter Neue Presse vom 10.August 2012