Hinter den Kulissen hat die SPD in den Sommerferien die personellen Weichen in einer veränderten Polit-Landschaft gestellt. Am Donnerstag meldete der Unterbezirksvorstand Main-Kinzig mit einer für viele Beobachter durchaus überraschenden Personalie Vollzug. Neben dem Bundestagsabgeordneten Sascha Raabe soll die Rechtsanwältin Bettina Müller aus Flörsbachtal ein Mandat in Berlin anstreben.
Dem einstimmigen Beschluss, den der Führungskreis am Mittwochabend in Wächtersbach traf, sind weitere Absprachen vorausgegangen. Die Sozialdemokraten in der Wetterau, die mit acht Kommunen in den Bundestagswahlkreis 175 integriert sind, haben den Führungsanspruch der Main-Kinzig SPD und deren Kandidatenauswahl akzeptiert. Das erste Vorschlagsrecht lag nicht bei uns, das war klar, bestätigte Landrat Joachim Arnold, zugleich Unterbezirksvorsitzender der Wetterauer Sozialdemokraten auf FR-Anfrage. Bettina Müllers Nominierung sei abgesprochen. Wir werden sie unterstützen und keine Gegenkandidatur anstreben, erklärte Arnold.
Nach dem Vorstandsvorschlag muss sich die Rechtsanwältin Müller nun dem Mitgliedervotum stellen. Nachdem der Unterbezirk Main-Kinzig zu Jahresbeginn das Delegiertenprinzip über Bord geworfen hat, ist nun für November eine Vollversammlung geplant, bei der jeder Stimmrecht hat.
Bettina Müller ist kommunalpolitisch in Gemeinde und Kreis erfahren. Dazu ist sie als Juristin mit den Schwerpunkten Betreuungs- und Familienrecht eine Expertin in der Jugend- und Familienhilfe, stellte der SPD-Parteichef André Kavai die Qualitäten der Vorstandsfavoritin heraus.
Neben der Newcomerin ist der seit zehn Jahren in Berlin präsente Sascha Raabe (44) für den Wahlkreis 180 gesetzt. Der ehemalige Bürgermeister von Rodenbach stehe für eine Politik des Ausgleichs, ohne Konflikte zu scheuen, heißt es. In Berlin habe er für die Region wichtige Verkehrsprojekte vorangebracht und sich für das Optionsmodell der Langzeitarbeitslosenbetreuung stark gemacht.
Mit welchem CDU-Kandidaten sich Raabe messen wird, ist noch unklar. Peter Tauber, der ihm 2009 auf Anhieb das Direktmandat abknüpfte, hatte sich schon zuvor festgelegt, im Wahlkreis 175, der seine politische Heimat Gelnhausen umfasst, antreten zu wollen. Der vor Jahresfrist zum CDU-Kreisverbandsvorsitzenden aufgestiegene Tauber erklärte, die Union werde ihre Personalentscheidung für die Bundestagswahl in einigen Wochen treffen. Eine frühzeitige Festlegung sei nicht kriegsentscheidend.
In der Partei scheint das Rennen offen. Einer, dem wiederholt Ambitionen nachgesagt wurden, hat sich aus dem Bewerberkreis verabschiedet. Für mich kommt die Kandidatur nicht in Frage, bestätigte Heiko Kasseckert, Ex-Bürgermeister von Langenselbold und zuletzt abgelöster Regionalverbandsdirektor der FR. Tauber schloss einen weiteren Namen aus: den von Fraktionsgeschäftsführer Markus Jung.
Für Wirbel sorgt die CDU in diesen Tagen durch interne Querelen. Vor dem Hintergrund empfindlicher Mitgliederverluste, leerer Kassen und eines Generationenkonfliktes hatte Tauber (38) in einem Interview mit dem Hanauer Anzeiger alte Parteistrukturen sowie falsche Personalentscheidungen kritisiert und damit den Landtagsabgeordneten Aloys Lenz erzürnt. Der Krach eskalierte: Kreistagsfraktionschef Michael Reul etwa äußerte, Lenz käme für eine weitere Landtagskandidatur kaum in Frage.
Tauber bewertet den Richtungsstreit als Beleg für eine lebendige Partei. Kasseckert mahnt indes überlegte Handlungen statt markiger Sprüche an.