Die Diskussion um das umstrittene Betreuungsgeld nimmt auch auf Kreisebene an Schärfe zu. Nachdem jüngst die CDU-Kreistagsfraktion den SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Sascha Raabe sowie den Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, ins Visier genommen hatte, meldet sich jetzt der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Klaus Schejna, zu Wort. „Eines“, so Schejna, „muss man in dieser Diskussion einmal klarstellen: Die Verantwortung für den Betreuungsgeld-Unsinn liegt allein bei der schwarz-gelben Bundesregierung – und bei niemandem sonst. Auch wenn viele in der Union jetzt Angst bekommen, weil sie sehen, dass nach Umfragen die große Mehrheit der Menschen in Deutschland gegen das Betreuungsgeld ist, müssen sie sich der Verantwortung dafür stellen. Die SPD jedenfalls war schon 2008 gegen das Betreuungsgeld. Etwas anderes zu behaupten wäre Verdrehung von Tatsachen.“ Schejna reagiert damit auf den Vorhalt des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion, Johannes Heger, die SPD habe entgegen ihrer heutigen Kritik in der letzten Legislaturperiode das Betreuungsgeld noch unterstützt.
Richtig sei, so Schejna, dass die SPD schon damals das Betreuungsgeld vehement als bildungs-, gleichstellungs-, integrations- und arbeitsmarktpolitischen Irrweg abgelehnt habe. Vielmehr habe sich die SPD damals in der Großen Koalition dafür eingesetzt, eine bessere Infrastruktur für Eltern und Kinder zu schaffen. So sei es gelungen, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige durchzusetzen. Schejna: „Davon profitieren auch die Familien im Main-Kinzig-Kreis. Ohne die SPD hätte es das nicht gegeben.“
Jutta Straub, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Kreistagsfraktion, erinnert daran, dass in den Verhandlungen zum Ausbau der Kinderbetreuung seinerzeit die CSU dann plötzlich das Betreuungsgeld ins Spiel gebracht und die Aufnahme einer entsprechenden Formulierung ins Kinderförderungsgesetz zur Bedingung für ihre Zustimmung gemacht habe. Weder die damalige CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen noch Bundeskanzlerin Angela Merkel seien damals in der Lage gewesen, die CSU zur Räson zu rufen. Straub: „Die CSU mit ihrem veralteten Familienbild hat heute wie damals alle erpresst. Deshalb stand die SPD vor der Entscheidung, der von der CSU gewollten Formulierung zur Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013 erst einmal rechtsunverbindlich im Bundestag zuzustimmen oder aber den kompletten Kitaausbau scheitern zu lassen. Das hätte bedeutet: Keinen Rechtsanspruch, keine Bundesmittel. Da konnte es zu dem Zeitpunkt nur eine Entscheidung geben: Die Kröte der CSU schlucken und zustimmen, sonst wären wir beim Kitaausbau heute noch viel weiter zurück.“ Schejna und Straub betonen, dass der damals gefundene Kompromiss ohnehin keine konkreten Rechtsfolgen gehabt hätte. Die Formulierung sei unverbindlich gewesen: „Während Eltern im kommenden Jahr ganz konkret den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind einklagen können, kann niemand aufgrund des Beschlusses von 2008 ein Betreuungsgeld einklagen, denn der war nicht gesetzlich bindend vereinbart und es gibt keinen Automatismus, dass das nun eingeführt werden muss.“ Dass die hiesige CDU in das damalige Abstimmungsverhalten nun eine begeisterte Zustimmung der SPD hineininterpretiere sei eine völlige Verdrehung der Tatsachen.
Schejna: „Die Diskussion muss ein Ende haben und das Betreuungsgeld endgültig ad acta gelegt werden. Wir brauchen das Geld viel dringender für die Unterstützung der Kommunen beim weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, damit die Eltern wirkliche Wahlfreiheit haben. Entsprechend des Konnexitätsprinzips erwarten wir darüber hinaus auch die Unterstützung der Kommunen bei den Folgekosten der Unterhaltung der KiTas. Das, was vom Bund bisher dafür vorgesehen ist, reicht bei weitem nicht aus. Wir wollen den Ausbau, denn wir halten ihn für richtig und notwendig, aber die Kommunen können das unmöglich alleine stemmen.“
Noch sei es möglich, das Betreuungsgeld zu stoppen. Straub und Schejna seien froh, dass Dr. Sascha Raabe im Bundestag gegen das Betreuungsgeld stimmen werde. „Sascha Raabe weiß als ehemaliger Bürgermeister und als Kreistagsmitglied, wie dringend die Kommunen bei uns die Milliarden für das Betreuungsgeld für den Ausbau der Krippenplätze brauchen.“ Die Kreis-CDU, finden Schejna und Straub, sei daher gut beraten, auf ihren Bundestagsabgeordneten Dr. Peter Tauber, einen glühenden Verfechter des Betreuungsgeldes, einzuwirken, damit dieser seine Haltung überdenke und nicht für das Betreuungsgeld und somit gegen die Interessen der Städte und Gemeinden im Kreis stimme.