Wenn wir die Große Koalition ablehnen, werden wir als die Partei in die Geschichte eingehen, die sich vor der Verantwortung gedrückt hat und für lange Sicht von der politischen Bildfläche verschwinden, verwies Unterbezirksvorsitzender Dr. André Kavai auf die Alternative. Auch der Landtagsabgeordnete Christoph Degen warb für ein Ja zum Koalitionsvertrag. Er forderte die Sozialdemokraten auf, strategische Überlegungen zurückzustellen, um die vielen Millionen Menschen, die jetzt auf das Verhandlungsergebnis der SPD bauen, nicht zu enttäuschen.
In einer Informationsveranstaltung in der Gaststätte Sandelmühle im Hanauer Lamboy warben die drei SPD-Spitzen bei den Genossinnen und Genossen aus Hanau und Umgebung im Zuge des Mitgliederentscheides für Zustimmung zum Koalitionsvertrag mit Erfolg: Nach einer sachlichen und kritischen, selten emotionalen Diskussion zeichnete sich eine deutliche Mehrheit für eine Zweckehe mit CDU/CSU auf Bundesebene ab.
Wir haben eine Wahlniederlage in einen Sieg umgemünzt. Wenn wir Nein zum Koalitionsvertrag sagen, würden wir zwei Gruppen enttäuschen, sagte Raabe: die 6,8 Millionen Menschen, die zurzeit für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbeiten müssen, und die Älteren, die nach 45 Jahren Beitragszeit die Rente mit 63 brauchen. Noch mehr SPD-Forderungen durchzusetzen, wäre schöner gewesen. Man müsse aber über die Alternativen nachdenken. Bei Neuwahlen sei die Chance dahin, für Millionen Menschen Gutes zu erreichen. Alles, was wir jetzt an sozialen Verbesserungen im Vertrag erreicht haben, wäre dann weg. Deshalb werben ja auch viele Gewerkschafter für eine Zustimmung zur großen Koalition, sagte der SPD-Abgeordnete, der bei einem neuerlichen Urnengang mit einer absoluten Mehrheit der CDU/CSU oder einer Neuauflage von Schwarz-Gelb rechnet: Und ich will die FDP nicht mehr im Bundestag haben und auch nicht die AfD.
Es darf nicht alles oder nichts heißen. Wir haben die Chance auf eine Politik der Veränderung, warb auch Juso-Kreisvorsitzender Vinzenz Bailey für den Pakt mit der Union. Dass manche Genossen mit der Oppositionsrolle liebäugeln, kann Unterbezirksvorsitzender Kavai nicht nachvollziehen: Die Oppositionsrolle hat der SPD nichts als eine politische Flatulenz wie nach einer großen Portion Erbsensuppe beschert. Die SPD sei auf einem guten Weg mit einem guten Programm, dem stärksten Parteivorsitzenden seit Jahren, einem ausgezeichneten Verhältnis zu allen Gewerkschaften und einem mehr als vorzeigbaren Ergebnis bei den Koalitionsverhandlungen, listete Kavai auf. Nichts dokumentiere dies besser als ein Kommentar einer Schweizer Tageszeitung: Die Deutschen haben bürgerlich gewählt und erhalten eine sozialdemokratische Regierung.