Raabe hört als Sprecher auf

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Sascha Raabe will nicht erneut als entwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion kandidieren. Dies erklärte Raabe in einem ausführlichen Schreiben an die Ent-wicklungshilfeorganisationen, das auf seiner homepage (www.sascha-raabe.de) abrufbar ist. Als Grund gab Raabe an, dass er vom Verhalten einiger Mitglieder der engeren Parteiführung während der Koa-litionsverhandlungen enttäuscht sei. So sei am Ende der Verhandlungen die von Raabe geforderte deutliche Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit nicht an der Unionsseite, sondern an der SPD-Spitze gescheitert, obwohl die SPD noch im Wahlprogramm entsprechende Zusagen gemacht hatte. Raabe: „Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, dieses Verhalten meiner eigenen Parteiführung als Sprecher nach außen zu vertreten. Ich will morgens noch in den Spiegel schauen können. Da ist mir meine eigene Überzeugung weitaus wichtiger als das Kleben an einem Posten.“

In ihrem Wahlprogramm hatte die SPD versprochen, sich für Mittelsteigerungen für die Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von jährlich einer Milliarde Euro einzusetzen. Damit sollte der internationalen Zusage näher gekommen werden, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwick-lungshilfe zur Verfügung zu stellen. Zur Zeit liegt der deutsche Anteil bei gerade einmal 0,37 Prozent und damit trotz der guten wirtschaftlichen Lage Deutschlands sogar unter dem europäischen Durchschnitt. Statt der einen Milli-arde jährlich will die große Koalition nun nur rund 200 Millionen Euro pro Jahr aufstocken. Diese Mittel dürften aufgrund des jährlichen Wachstums des Bruttonationalein-kommens bestenfalls ausreichen, um die derzeitige deutsche Quote zu halten. Einen Annäherung an das aus-gegebene 0,7-Ziel ist damit in weite Ferne gerückt. „In den letzten Jahren“, so Raabe, „habe ich in fast jeder Rede im Bundestag Kanzlerin Merkel und FDP-Minister Niebel dafür kritisiert, dass sie nicht genügend Mittel bereitstellen. Jetzt macht es die SPD-Spitze nicht anders. Das kann und will ich nicht mittragen.“
Er bedauere sehr, dass sich die Parteiführung beim Thema Entwicklungszusammenarbeit derart vom eigenen Wahl-programm und auch von der Mehrheit der Basis abgesetzt habe. „Seit Jahren setze ich mich mit großer Leidenschaft für den Kampf gegen Hunger und Armut in der Welt ein. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass es nun nicht die CDU-Vorsitzende, sondern wichtige Mitglieder der SPD-Spitze waren, die sich gegen eine deutliche Steigerung der Mittel für Entwicklungshilfe ausgesprochen haben.“ Damit sei eine historische Chance verspielt worden, sich ähnlich wie in Großbritannien parteiübergreifend auf einen konkre-ten Finanzierungsplan zur Erfüllung des 0,7-Prozent-Ziels zu einigen. Er habe sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, um „wachzu-rütteln“ und zu einem "Nach- und Umdenken in der SPD-Führung beizutragen". Der Schritt, sein Sprecheramt, das er seit 2005 ausübt, zur Verfügung zu stellen, sei ihm schwer gefallen, da die Entwicklungspolitik „seit meiner Ju-gend mein politisches Lebensthema ist und ich in den letzten Jahren viel mitgestalten konnte.“ Als Abgeordneter werde er sich daher auch weiterhin im Entwicklungsaus-schuss engagieren. "Wir dürfen nicht länger zusehen, wie jeden Tag über 20.000 Menschen, vor allem Kinder, an den Folgen von Hunger und Armut sterben. Natürlich werde ich wie bisher neben meiner Arbeit im Fachausschuss enga-giert die Interessen meines Wahlkreises in Berlin vertreten und den Bürgerinnen und Bürgern bei ihren großen und kleinen Problemen weiterhin gerne helfen."