Fragen des DGB Südosthessen zur Kommunalwahl am 6. März 2016

1.    Wie kann eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen vor dem Hintergrund fehlender finanzieller Mittel stattfinden?
Antwort:
Die Integration von aus Krisenregionen geflüchteten Menschen in unser Land kann nur gelingen, wenn die politisch Verantwortlichen und die ehrenamtlich Engagierten Hand in Hand arbeiten. Die Flüchtlinge müssen so schnell wie möglich Deutsch lernen, sie müssen lernen, wie unser gesellschaftliches Miteinander funktioniert und sie müssen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt erhalten. Diese Angebote muss „der Staat“ schaffen. Dann kann auch von einem Menschen, der zu uns kommt, gefordert werden, dass er diese Angebote wahrnimmt. Integration ist ein Handschlag von beiden Seiten. Die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen ist eine herausfordernde Aufgabe für die Landkreise und Kommunen. Denn es sind die kommunal Verantwortlichen und die Bürgerinnen und Bürger in den Städten und Gemeinden, die am Ende die Verantwortung übernehmen. In der Flüchtlingspolitik muss die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ebenen Europa, Bund, Land und den Landkreisen und Kommunen enger abgestimmt werden. Aktionistische Maßnahmen bringen uns nicht weiter. Es muss uns allen klar sein, dass die Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft eine über Jahre währende Aufgabe sein wird. Finanziell ist diese nur zu stemmen, wenn beispielsweise die Asylverfahren beschleunigt werden. Zu Beginn des Jahres 2016 waren mehr als 600.000 Menschen zum Teil schon über Monate in Deutschland, die noch nicht einmal einen Asylantrag gestellt haben. Das darf kein Dauerzustand sein. Wir haben für den Main-Kinzig-Kreis in den vergangenen Monaten viel auf den Weg gebracht: Deutschkurse für alle Asylbewerber, Praktika für Asylbewerber, Qualifizierung von Ehrenamtlichen, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Wir haben die kreiseigene Erstaufnahmeeinrichtung in Hof Reith ausgebaut und die auf Anweisung des überlasteten Landes Hessen eingerichtete Notunterkunft dank vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und freiwilliger Helferinnen und Helfer gemanagt. Wir bringen die Menschen im Schulterschluss mit den Kommunen vorwiegend dezentral in Wohnungen unter – das erleichtert die Integration und verhindert mögliche soziale Brennpunkte. Dafür werden wir sogar von „pro Asyl“ gelobt. Natürlich muss hier die finanzielle Ausstattung einer Aufgabe, die eigentlich vom Bund und den Ländern bewältigt werden muss, stimmen. Dafür hat Erich Pipa als Präsident des Hessischen Landkreistages über Monate hinweg gekämpft und dem Land Hessen eine dringend notwendige Erhöhung der Asylbewerberpauschale abgerungen. Insofern stehen wir als SPD für den Main-Kinzig-Kreis als Partei, die sich der Herausforderung annimmt und bewältigt.

2.    Wie stehen Sie zum Investitionsstau an den Schulen, der bundesweit bei mittlerweile über 30 Milliarden Euro liegt?

3.    Was muss aus Ihrer Sicht getan werden, um die Ausstattung der Schulen mit Personal und Sachmitteln zu verbessern oder betrachten Sie diese als ausreichend?
Antwort:
Bildung ist der Schlüssel zu selbstbestimmter Lebensgestaltung und zur Integration in das Gemeinwesen. Sie ist der Treibstoff für die Zukunft Deutschlands und unseres Kreises. Die SPD hat im Main-Kinzig-Kreis dafür gesorgt, dass in den letzten Jahren insgesamt 117 Millionen Euro für die Erneuerung und den Ausbau der Schulen in unserem Landkreis ausgegeben wurden. Wir werden die Investitionsquote in Schulen mindestens auf dem gleich hohen Standard belassen wie bisher und das, obwohl die Hessische Landesregierung im Rahmen der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs die Schulbaupauschale sowie den Schullastenausgleich gestrichen hat. Für den Main-Kinzig-Kreis sind das beispielsweise knapp 14 Millionen Euro, die im Jahr 2016 von Landesseite fehlen. Doch dies und auch äußerer Spardruck können uns nicht davon abbringen, unsere Schulen zukunftsfest zu machen und sie so auszustatten, dass die Kinder darin beste Lernbedingungen und anregende Lernorte vorfinden. Gerade in Zeiten, in denen sich viele unserer Schulen auf den Weg hin zu Ganztagsschulen gemacht haben und noch dazu die Anforderungen der Inklusion erfüllen müssen, sind weitere Bau- und Umbaumaßnahmen dringend erforderlich.

4.    Sehen Sie die Möglichkeit, über die Wiedereinführung der Vermögensteuer die öffentlichen Kassen wieder zu füllen?

5.    Ist die Besteuerung von Reichtum aus Ihrer Sicht ein geeignetes Mittel, die finanziell schwierige Situation der Kommunen zu verbessern?
Antwort:
Der einfachste Weg hin zu einer gerechteren Vermögensverteilung wären gezielte steuerpolitische Maßnahmen, wie sie die Bundes-SPD in ihrem Wahlprogramm von 2013 vorgeschlagen hatte. Dazu gehören die Anhebung der Spitzensteuersätze bei der Einkommenssteuer für höchste Einkommen und die Einführung einer fair ausgestalteten Vermögenssteuer. Die Rezepte liegen also auf der Hand. Unverständlicherweise hatte die Union bereits in den Koalitionsverhandlungen nach der letzten Bundestagswahl die Unantastbarkeit der Steuersätze zum absoluten Diktum erklärt, an dem nicht gerüttelt werden durfte. Dabei wäre es ein zentraler Schritt, höchste Einkommen an den Kosten etwa für Kitas, Schulen oder Krankenhäuser stärker zu beteiligen, um sowohl Gering- und Normalverdiener als auch Kommunen zu entlasten und damit der weiteren Spaltung in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken. Die Besteuerung Reicher ist nach meiner Auffassung gerechter, als wenn Kommunen gezwungen sind, Beiträge für bestimmte Leistungen anheben zu müssen, weil solche Beiträge ja alle gleich treffen.

6.    Wie kann sichergestellt werden, dass Firmen, die öffentliche Aufträge erhalten, ihre Mitarbeiter fair bezahlen?
Antwort: Gemäß den Vergaberichtlinien des Main-Kinzig-Kreises sind Unternehmen verpflichtet, tarifvertraglich festgesetzte Leistungen zu gewähren und müssen darüber hinaus die Einhaltung gesetzlicher Regelungen zu Mindestentgelten (Mindestlohn) erklären. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass gegen diese Regelungen verstoßen wird, ist die Einhaltung der Verpflichtungen durch den Auftragsnehmer nachzuweisen.

7.    Muss der Main-Kinzig-Kreis strukturpolitisch neu aufgestellt werden und wenn ja, wo und wie?
Antwort:
Derzeit besteht aus meiner Sicht keine Notwendigkeit, den Main-Kinzig-Kreis strukturpolitisch neu aufzustellen.

8.    Bietet das TTIP aus Ihrer Sicht Chancen oder Risiken für den Landkreis und sollten die Verhandlungen weitergeführt werden?
Antwort:
Die SPD-Kreistagsfraktion begleitet den TTIP-Verhandlungsprozess kritisch. Europäische Standards und Errungenschaften wie Arbeitnehmerrechte und Arbeitsstandards, das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie dürfen nicht zur Disposition stehen. Einen direkten oder indirekten Zwang zu Privatisierungen darf es durch TTIP nicht geben und die Daseinsvorsorge darf nicht gefährdet werden. Kommunen und kommunalen Bertrieben muss die Möglichkeit der Direktvergabe und der interkommunalen Zusammenarbeit erhalten bleiben. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung muss anerkannt werden. Es müsste eine Bestimmung aufgenommen werden, nach der die Anwendung von Handelsabkommen für jene Tätigkeiten und Leistungen ausgeschlossen werden, die in der Rechtsprechung der jeweiligen Partei/des jeweiligen Mitglieds als Ausübung hoheitlicher Gewalt gelten.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf das gemeinsame Positionspapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Deutschen Gewerkschaftsbundes, in dem deren gemeinsam definierten Ziele formuliert sind.