Kreistag am 22.06.2018 – Sicherung der Ärzteversorgung

Maßnahmenpaket zur Sicherung der Ärzteversorgung

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

die Fraktionen von SPD und CDU stellen zur Kreistagssitzung am 22.06.2018 folgenden gemeinsamen Antrag:

Der Kreistag möge beschließen:

 

  1. Der Main-Kinzig-Kreis erhebt für das gesamte Kreisgebiet unter Einbeziehung vorliegender Daten (u.a. der Kassenärztlichen Vereinigung) sowie einer geeigneten Abfrage der Ärzte im Main-Kinzig-Kreis Daten für einen Ist-Stand der Situation aller ärztlichen Professionen in der Region. Das Gesundheitsamt übernimmt dabei die Federführung.
  2. Der Main-Kinzig-Kreis richtet eine Lenkungsgruppe mit allen relevanten Akteuren (MKK, Städte/Gemeinden, Ärzte, Kliniken, Kassenärztliche Vereinigung etc.) ein, um einen Masterplan „Gesundheitsversorgung Main-Kinzig 2030“ aufzustellen. Aufgabe ist es, den Prozess der Erarbeitung zu leiten.
    • Es werden alle unterschiedlichen Modelle der Versorgungsorganisation auf Landkreisebene betrachtet und in Bezug auf die lokale(n) Struktur(en) und deren Umsetzbarkeit bewertet, wie z.B. das Landarztnetzwerk.
    • Zur Sicherung der zukünftigen Ärzteversorgung im Main-Kinzig-Kreis wird ein Netzwerk von Gesundheits- bzw. Ärztezentren angestrebt. Die örtlich ansässigen Ärzte, Apotheken und sonstigen Dienstleister im Gesundheitsbereich werden in einem weiteren Schritt in die Planungen eingebunden.
    • Es werden spezielle thematische Gesundheitskonferenzen durch den Main-Kinzig-Kreis durchgeführt

3. Der Main-Kinzig-Kreis richtet die Möglichkeit ein, gemeinsam mit den Kliniken des Main-Kinzig-Kreises ein Modellprojekt „Digitale Praxis“ zu verwirklichen. Hierfür sind entsprechende                 Mittel im Haushalt des Main-Kinzig-Kreises bereitzustellen.

4. Der Main-Kinzig-Kreis fordert, die Struktur der Zulassungsausschüsse (§ 96 SGB V) der Kassenärztlichen Vereinigung so zu verändern, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst der                              Landkreise neben den Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen als vollwertiges Mitglied mit Stimmrecht vertreten ist.

5. Der Main-Kinzig-Kreis unterstützt die Einrichtung einer Bund-Länder AG zur sektorenübergreifenden Versorgung und fordert, die sektorenübergreifende Planung auch in der Praxis                          umzusetzen. Ambulante und stationäre Versorgung sollen gemeinsam geplant werden.

6. Im Gesundheitsamt wird eine koordinierende Stelle „Zukunft der ärztlichen Versorgung im Main-Kinzig Kreis“ eingerichtet, die als zentraler Ansprechpartner zur Koordinierung aller                        Aufgaben in diesem Zusammenhang dienen soll.

Begründung:

Unser Landkreis trägt Verantwortung für die übergemeindliche kommunale Daseinsvorsorge und in diesem Rahmen auch in vielen Bereichen der medizinischen Versorgung: Wir nehmen den Sicherstellungsauftrag für die stationäre Versorgung wahr, sind Träger kommunaler Krankenhäuser in Gelnhausen und Schlüchtern, stellen den öffentlichen Gesundheitsdienst ebenso wie wir Verantwortung tragen für den Rettungsdienst in unserem Landkreis.

Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante medizinische Versorgung liegt derzeit ausschließlich bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Dies umfasst sowohl die Versorgungsplanung als auch die tatsächliche Sicherstellung der Versorgung mit Haus- und Fachärzten. Dieser Auftrag wird aus Sicht der Region ohne eine Beteiligung auf Augenhöhe des Landkreises und eine sektorenübergreifende Planung nicht mehr ausführbar sein. Es ist notwendig, dass sich der Landkreis positioniert, um die Bedarfe seiner Bürgerinnen und Bürger nicht nur zu artikulieren, sondern auch zu koordinieren und an möglichen Stellen auch selbst Verantwortung zu übernehmen.

Der Umstand, dass die Kassenärztliche Vereinigung bzw. niederlassungsbereite Ärzte zunehmend auf die Unterstützung der kommunalen Ebene angewiesen sind bzw. diese erwarten, rückt dieses Themenfeld noch stärker in den Fokus. Zwar herrscht in absoluten Zahlen über das gesamte Bundesgebiet gesehen kein Ärztemangel, schaut man jedoch sich die Vergleiche der Ballungsgebiete gegenüber eher ländlich geprägten Regionen an, wird ein eklatantes Ungleichgewicht deutlich. Der Mangel betrifft vor allem Hausärzte – so blieben ca. 100 – 2.500 Hausarztstellen in der Bundesrepublik unbesetzt. Gleichzeitig stieg die Zahl der Behandlungsfälle jedoch an.

Seit längerem wird darüber berichtet, dass die medizinische Versorgung in Teilen des Main-Kinzig-Kreises gefährdet ist. Im Jahr 2016 gab es 263 Hausärzte (253 Versorgungsaufträge) im Main-Kinzig Kreis. Viele Ärzte werden in bereits absehbarer Zeit in Ruhestand gehen und damit der „Wiederbesetzungsbedarf“ stetig steigen. Um dies für den Kreis genau zu ermitteln, sollen zunächst entsprechende Daten erhoben werden.

Auch hat der Arztberuf in den letzten Jahren ein verändertes Berufsbild und damit einhergehend auch eine andere Zusammensetzung der Ärzteschaft zu verzeichnen. Hierzu müssen entsprechende politische vor allem aber praktische Maßnahmen ergriffen werden, um die flächendeckende ärztliche Versorgung zu gewährleisten. Hierbei können u.a. Versorgungszentren, Erhöhung der Digitalisierung, Verbünde mit stationärer Versorgung etc. Lösungsansätze bieten.

Viele Kommunen und einzelne Landkreise haben die Problematik erkannt und beginnen mit Steuerungsmaßnahmen. Die Ebene des Landkreises eignet sich sehr gut, um vernetzt Bedarfe zu koordinieren und ein abgestimmtes Vorgehen zu etablieren. Gleichzeitig können die Kommunen bei den Planungen unterstützt werden.